Wolf-Dieter Grengel: Am Ufer des Himmels
Beschreibung
A. G. Leitner (Hg.) / Verlag Steinmeier, Deiningen, April 2023
120 Seiten, Hardcover mit Fadenheftung
»Stehen bleiben, Atem holen
Aufschauen, zurückschauen«
Wolf-Dieter Grengel
»Ein Gespräch über Bäume im Burggarten«
Wenn im »Falterflug eines neuen Gedankens« Sprache sich zu Wortskulpturen verdichtet und »gegen so viel andringende Welt« einen lyrischen Schutzschirm aufspannt, dann spricht ein Homme de Lettres eine Einladung aus an alle, die gern »öfter / wenigstens in Gedanken / auf Händen gehen« und sich von Poesie noch verzaubern lassen können.
In seinem dritten Lyrikband sucht Wolf-Dieter Grengel nicht allein »das vergessene Wort«, sondern bittet »die Welt«, ihn »wieder einzulassen«. Er nimmt »den Morgen in die Arme«, um ihn »behutsam auf dem Fensterbrett« abzusetzen. Ein Altmeister fährt die Ernte ein, nach besonnener Lese.
Der Autor
Wolf-Dieter Grengel wurde 1938 in Kandel (Pfalz) geboren und lebt in Ingelheim. Nach dem Studium der Germanistik und Romanistik in Mainz und Paris arbeitete er als Gymnasiallehrer und Schullaufbahnberater. Zudem lehrte er in der Erwachsenenbildung vierzig Jahre lang vor allem deutsche und französische Literatur. Bisher erschienen in der Reihe Poesie 21 seine Einzelbände »Flüchtige Formen des Glücks« sowie »Flugfähig für einen ganzen Tag«.
Wolf-Dieter Grengel verstarb am 23. März 2023 unerwartet an den Folgen eines Treppensturzes. Er konnte das Erscheinen seines dritten Lyrikbandes »Am Ufer des Himmels« leider nicht mehr miterleben.
»Dieter Grengels Gedichte bestechen durch ihre Lakonie und Lebensfreude. Oft schwingt eine Prise Humor und Selbstironie in ihnen mit. Dieser ein wenig unterschätzte Lyriker, der so angenehm war im Umgang, wird mir sehr fehlen, als feiner Mensch und universell gebildeter Kollege.« Anton G. Leitner
Vorsätze
Das gehört dir
Das gehört mir
Wir teilen uns den Himmel auf
Auch das Blau zwischen
Bäumen
Dächern
Gesichtern
Wir schreiben unsere Wünsche hinein
in verschlüsselter Wolkenschrift
unsere Vorsätze
Wir wissen
dass sie verwehen
Da beginnst du leise
vorzulesen
Und ich lese zurück
Jetzt
sagst du
müssen wir sie ernst nehmen.
Äpfel
Die überraschend reiche Apfelernte
im eigenen Garten
mit Leitern und Körben
Astbruch und Wespen
Wir schwitzen in der ersten Kühle
staunen, rufen, lachen
Vogelverbiss, Wurmfraß, Fäulnis
müssen ausgelesen werden
Dann das Einkellern
Ich steige zu den Regalen empor
sortiere ein
Und da steht unten wieder der Vater
der mir, dem Kind, die Äpfel anreicht
Vorrat für die harten Nachkriegswinter
Er nennt die Namen:
Boskop, Parmäne, Glockenapfel
weist auf die Form der Früchte hin
ihre Farbe, ihren Duft
Und ich sehe schon voraus, wie
nach einem Gang durch Frost und Dunkel
die Bratäpfel auf der heißen Herdplatte
quellen, sprühen, tanzen.
Ein Fünfter
Es lohnt nicht
wozu der Aufwand
sagt einer
Alles ist gesagt
ein anderer
Alles ist versucht
ein dritter
Alles ist gefühlt
ein vierter
An manchen Tagen denke ich
sagt der fünfte
dass Gott etwas Neues erfahren will
heute
über sich
in mir.
Die Hand des Dirigenten
wie sie die Einsätze gibt
wie sie dämpft und steigert
gleitet, fliegt und erstarrt
flüstert, herausruft
zurechtweist
Und dann deine Hand
die eine Baumrinde berührt, eine Blüte
meine Schulter
die abwehrt
entgegenkommt
einen Aufruhr besänftigt
und eine Angst.
Wolf-Dieter Grengel
Am Ufer des Himmels
Gedichte
120 Seiten, Hardcover mit Fadenheftung
€ 14,80 [D], April 2023
ISBN 978-3-910597-02-0
Mit einer Umschlaggestaltung von Carola Vogt und Peter Boerboom, Münsing
Alle Informationen zu Am Ufer des Himmels zum Download (PDF)
Nachruf und Rezension auf DAS GEDICHT blog
Pressemitteilung von 12.6.2023 zu »Am Ufer des Himmels« (PDF)
Porträt Wolf-Dieter Grengel by privat (zur freien Verwendung; jpg)
Porträt Wolf-Dieter Grengel by Jan-Eike Hornauer (zur freien Verwendung; jpg)